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Ein sogenanntes standardisiertes oder strukturiertes Interview ist eine Befragung, bei der der Fragenkatalog vorgegeben ist – und auch die möglichen Antworten. Es ähnelt ein wenig einem Fragebogen und kommt überall dort zur Anwendung, wo rasch große Datenmengen mit guter Vergleichbarkeit erhoben werden sollen. Anders als Fragebögen, die möglichst vielen Teilnehmern zugänglich gemacht werden sollen, dient ein strukturiertes Interview jedoch meist dem Zweck, Experten-Interviews abzuhalten, wenn dies für die Beantwortung der Forschungsfrage einer Bachelorarbeit oder Masterarbeit nützlich ist.Weniger bekannt ist, dass strukturierte Interviews auch für Vorstellungsgespräche genutzt werden. Unternehmen bzw. Recruiter arbeiten auf diese Weise schnell und effizient die für sie relevanten Themen ab, um Aufschlüsse über die Eignung von Kandidaten zu gewinnen.
Was ist ein strukturiertes Interview?
Ein strukturiertes Interview heißt so, weil seine Struktur genau geplant ist. Die Fragen, ihre Reihenfolge und die Auswahl der Antwortmöglichkeiten sind so gestellt, dass gezielt Daten zu bestimmten Gebieten erhoben werden. Ist ein solches Interview erst einmal entwickelt, kann es einer beliebigen Anzahl von Befragten unterbreitet werden, denn anhand der standardisierten Form sind die Antworten gut vergleichbar und auswertbar. Das macht standardisierte Interviews zu einem häufig genutzten Tool in der quantitativen Forschung.Ausgeführt werden solche Interviews über verschiedene Kanäle – möglich sind:
- Persönliche Interviews
- Telefon-Befragungen
- schriftliche Interviews
- elektronische Optionen wie Google Forms
Aufbau und Ablauf des strukturierten Interviews
Der Aufbau eines derartigen Interviews richtet sich nach der untersuchten Thematik. In der Regel sind die Fragen in immer gleicher Reihenfolge so angeordnet, dass die gewünschten Informationen vom Allgemeinen zum zunehmend Konkreten hin erhoben werden können. Dabei ist der Ablauf bei einem Personalgespräch natürlich ein anderer als bei der wissenschaftlichen Datenerhebung.Die Antworten sind dabei als simples Ja oder Nein denkbar, doch auch multiple Choice Verfahren, also die Auswahl unter mehreren vorgegebenen Antworten, sind populär. In Einzelfällen können die Befragten dazu aufgefordert werden, Fragen frei zu beantworten.
Die Dauer eines solchen Interviews ist unterschiedlich. In der Forschung sind die Fragen meist so gehalten, dass sie innerhalb von 30 bis 60 Minuten zu beantworten sind, doch bei der Personalauswahl kann der Fragenkatalog wesentlich umfangreicher ausfallen.
Beispielfragen im strukturierten Interview
Um zu verdeutlichen, wie die Fragen in einem strukturierten Interview formuliert werden können, hier zwei Beispiele für Ja-Nein-Fragen oder Multiple Choice:
Fahren Sie häufig kürzere Strecken mit dem Rad?
□ ja
□ nein
Wenn Sie das Rad nehmen, tun Sie das bevorzugt für
□ den Weg zur Arbeit?
□ Ausflüge?
□ sportliche Aktivität?
□ kleine Besorgungen?
□ ja
□ nein
Wenn Sie das Rad nehmen, tun Sie das bevorzugt für
□ den Weg zur Arbeit?
□ Ausflüge?
□ sportliche Aktivität?
□ kleine Besorgungen?
Arten des strukturierten Interviews
In der quantitativen Forschung der Humanities wie Psychologie oder Sozialwissenschaften, besonders aber im Einsatz im Bewerbungsgespräch gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen bei strukturierten Interviews. Ihr Einsatz hängt oft vom beabsichtigten Ziel, im Unternehmen aber auch von den Vorlieben des Interviewers ab, außerdem davon, ob eine Führungskraft oder ein Mitarbeiter gesucht wird. Behaviour Description Interview (BDI)
Hier handelt es sich um eine Befragung, die biographisch orientiert ist, aber auch das Verhalten im Gespräch beleuchtet. Der Interviewer stellt Fragen, die sich auf den beruflichen Werdegang des Bewerbers beziehen, oft aber auch auf die persönliche Entwicklung. Ausgelotet wird besonders der Umgang mit Krisen oder Konfliktsituationen in der Vergangenheit. Bei diesem Verfahren werden also keine vorgefertigten Antworten mit dem Fragenkatalog abgehakt, sondern eher ein Verhaltensprofil erstellt.
Biografisches Interview (BI)
Bei diesem Vorgehen liegt der Schwerpunkt auf der Biografie. Die Einschätzung, welches Wissen, welche Erfahrungen, Kompetenzen und sonstigen Faktoren im Vorstellungsgespräch abgearbeitet werden, erfordert Fingerspitzengefühl, denn der Interviewer muss aus den schriftlichen Bewerbungsunterlagen die wichtigsten Elemente im Lebenslauf des Bewerbers identifizieren und seine Fragen entsprechend stellen.
Situatives Interview (SI)
Anders geht man beim situativen Interview vor. Wie die Bezeichnung erkennen lässt, wird hier eine fiktive Situation vorgegeben, auf die der Befragte reagieren muss. Die Fragen sind in jedem Fall dieselben. Meist findet dieses Verfahren dann Anwendung, wenn eine bestimmte Position zu besetzen ist und die für die Stelle erforderliche Motivation und die Anforderungen an das Verhalten im Vorfeld geklärt werden sollen.
Multimodales Interview (MMI)
Eine Sonderform des strukturierten Interviews ist eine Zusammenstellung von biographischen Fragen, Situations-Simulation und Analyse der Eigenschaften. Diese Interviewform wird in acht verschiedene Phasen unterteilt, die teils den normalen Gesprächsverlauf darstellen, teils der Bewertung unterliegen. Bei der Personalauswahl nutzen Interviewer gern folgende Form als Leitfaden:
- Begrüßung und Gesprächseinleitung
- Einstieg mit der Selbstpräsentation
- Freier Gesprächsablauf
- Fragen zur Auswahl des Unternehmens bzw. zum beruflichen Werdegang
- Biographische Fragen
- Besprechen der Tätigkeiten
- Situative Simulation
- Rückfragen und Abschluss
Vor- und Nachteile des strukturierten Interviews
Mit dem strukturierten Interview können zahlreiche Teilnehmer in kurzer Zeit angesprochen werden, doch die Methode hat auch Nachteile. Pluspunkte
✅ Schnelle Erhebung der benötigten Daten
✅ Gut vergleichbare, standardisierte Antworten
✅ Geringer organisatorischer Aufwand – auch für die Befragten
✅ Flexibilität bei der Auswahl der Interviewpartner
Nachteile
❌ Eingeschränkte Antwortmöglichkeiten durch vorgegebene Antworten
❌ Verzicht auf Informationen über die Vorgaben hinaus
❌ Tendenz zu generalisierten Antworten
❌ Geringe situative Kontrolle bei Telefon- oder Mailinterviews
❌ Geringer Überblick der Befragten bei nicht-schriftlichen Interviews