Von außen betrachtet dürfte es eigentlich nichts Wichtigeres für die Universitäten geben, als ihre Studenten so praxisnah auszubilden, dass diese anschließend ihre Ausbildung unmittelbar in Wirtschaftsunternehmen verwerten können. Das liegt zuerst im Interesse der Studierenden selbst. Die Hochschulprofessoren hingegen befinden sich in einem Spannungsfeld: Sie wollen nämlich auch forschen. Zwar werden Hochschulen nach der Zahl ihrer Studenten gefördert, Forschung bringt allerdings viel Reputation und möglicherweise den Status einer Exzellenz-Universität, die noch mehr gefördert wird. Die Berliner Experten von Trendence untersuchen alljährlich (schon seit 2010) in ihrem Global Employability Survey, wie Universitäten in verschiedenen Ländern mit diesem Konflikt umgehen. Auftraggeberin ist die französische Managmentberatung Emerging. Im Rahmen der Studie interviewten die Trendforscher weltweit über 9.500 Recruiter. Die zentrale Fragestellung lautete: Welche Uni bereitet wie gut und auf welche Weise ihre Studierenden auf das Arbeitsleben vor?
Fokus der Befragung
Das Unternehmen Trendence fokussierte in seiner Studie auf diese Fragestellungen:- Welche Universitäten (weltweit) bringen die für den Arbeitsmarkt fittesten Absolventen hervor?
- Wie fördern die Universitäten die Beschäftigungsfähigkeit der Studierenden?
- Nach welchen Kriterien wählen Universitäten Bewerber für einen Studienplatz aus? Berücksichtigen sie dabei die Praxisnähe von Studienrichtungen?
- Worauf spezialisieren sich einzelne Fachgebiete? Haben sie die Praxis der Unternehmen im Blick?
Das Ergebnis der Studie fiel für Deutschland gar nicht schlecht aus: Deutsche Universitäten und Hochschulen erreichten im Ranking der Praxisnähe den dritten Platz nach US-amerikanischen und französischen Hochschulen. Zu Beginn dieser Studienreihe im Jahr 2010 rangierte Deutschland noch auf Platz 12. Andere Länder haben sich zwischenzeitlich auch verbessert, Südkorea sogar mehr als Deutschland, auch wenn das Land noch nicht zu den Top 5 gehört.
Was ist praxisnahe Lehre?
Die praxisnahe Lehre bezieht das Marketing in die Ausbildung mit ein. Wirtschaftsunternehmen, in denen die meisten Absolventinnen und Absolventen tätig werden, müssen ihre Produkte verkaufen. Es gilt also, schon während der Produktentwicklung Marktforschung zu betreiben, möglicherweise Webseiten zu entwerfen oder dies in Auftrag zu geben und sich auch Grundkenntnisse zum Web- und Logodesign anzueignen. Ein gutes Logodesign kann für eine Vielzahl von Marketingmaterialien verwendet werden. Die Tools für die Webseitenerstellung und das Design gibt es größtenteils kostenlos im Netz, doch der Umgang mit ihnen bedarf eines gewissen Trainings. Wenn sich eine Universität elitär nur um die Grundlagenforschung kümmert und diese Praxis in der Ausbildung nicht vermittelt, haben es ihre Absolventen beim Berufsstart schwer.Kooperation zwischen Hochschulen und Unternehmen
Es hat sich im letzten Jahrzehnt in Deutschland viel getan. So kooperieren Universitäten und Unternehmen immer enger zusammen. Der Geschäftsführer von Trendence Robindro Ullah merkte bei der Auswertung der jüngsten Studienergebnisse an, dass diese aus deutscher Sicht sehr erfreulich sind. Die Verzahnung zwischen der Hochschulausbildung und der Wirtschaft habe sich vor allem seit 2015 deutlich verbessert. Seither wurden Praktika ein fester Bestandteil des Studiums. Dazu gehören im Gegensatz zu früher inzwischen auch Pflichtpraktika. Vor rund zehn Jahren gab es das in dieser Form noch nicht, was als großes Manko gerade bei technischen Studiengängen galt. Die jüngere Entwicklung verschaffte Deutschland die beachtliche Position auf Rang drei beim praxisnahen Studium. Die Staaten, in denen es noch besser läuft, lassen ihre Universitäten gezielt durch das Sponsoring von Wirtschaftsunternehmen fördern. In den USA ist diese Praxis seit vielen Jahrzehnten gang und gäbe, doch auch in Frankreich hat man inzwischen ihre Vorteile erkannt. Firmen, die eine Hochschule mit Geld fördern, holen sich aus dieser auch Studenten für Praktika, was die höchste Praxisnähe innerhalb der Ausbildung schafft.Wie sieht das Ranking der Universitäten aus?
Unter den Top 10 rangieren deutsche Hochschulen noch nicht, doch sie bewegen sich stabil auf einem beachtlichen Niveau. Im Spitzenreiterland USA konzentriert sich die Exzellenz inzwischen auf immer weniger Universitäten. Auszüge aus dem Ranking von Tendence sind:- Platz 1: California Institute of Technology
- Platz 2: Massachusetts Institute of Technology
- Platz 3: Harvard University
- Platz 12: Technische Universität München
- Platz 39: Humboldt-Universität Berlin
- Platz 43: Ludwig-Maximilians-Universität München
- Platz 44: Universität Heidelberg
- Platz 119: Universität Hamburg
- Platz 120: Universität Frankfurt am Main
Immerhin 17 deutsche Hochschulen rangieren unter den weltweit besten 250 Bildungseinrichtungen auf universitärem Niveau, die ihren Studentinnen und Studenten eine praxisnahe Ausbildung vermitteln.